Am Abend des 15. Mai starb mein Freund Hans-Georg Wieck. Mit sechsundneunzig Jahren, im Kreis seiner Familie. Ich bin traurig, dass er nicht mehr da ist.
Der Altersunterschied von vierzig Jahren hat uns nicht abgehalten, den anderen teilhaben zu lassen. Kennengelernt haben wir uns 1999, in einem Minsker Hotel, als einzige Frühstücksgäste. Die Neugier auf Menschen, auf das oft so verrückte, riskante, langweilige, schöne Leben mit all seinen Verwicklungen hat uns verbunden.
Ich werde nie vergessen, wie mutig er war: dass ihn selbst mord-erprobte Diktatoren nicht einschüchtern konnten. Und welch Anker ihm, bei fast lebenslang währender beruflicher Anspannung, seine Familie war. Hans-Georg sah sich vor allem als Diplomat. Von 1985 bis 1990 war er Präsident des Bundesnachrichtendienstes.
Wenn ich jemandem, der ihn nicht kannte, von ihm erzählte, verwendete ich gern den Begriff: „graue Eminenz“. Aber grau war dieser temperamentvolle Hanseat allenfalls äußerlich. In meinem Roman „Die Unscheinbaren“ habe ich mir erlaubt, der Figur des Friedrich Kappelhoff Züge von ihm zu verleihen. Danke für alles, weiterhin inspirierende Gespräche, lieber Freund!