Hintergrund zu "Die Unscheinbaren"
Familienbiografischer Hintergrund
Die Brauns, eine schrecklich nette Spionagefamilie - Agenten-Drama in der DDR (Spiegel online, 21.03.2019)
Der Beginn meines Romans "Die Unscheinbaren" basiert auf einer wahren Begebenheit: Im Februar 1965 wurden meine Großeltern in Ost-Berlin als Agenten des Bundesnachrichtendienstes verhaftet. Von einem Tag auf den anderen änderte sich für meinen jugendlichen Vater alles. Er hatte für seine Großmutter, seinen jüngeren Bruder und das Elternhaus Sorge zu tragen.
Dieser schicksalshafte Moment ist die Ausgangssituation meiner Geschichte.
Die historischen Fotos zeigen meinen Vater, seine Eltern, seinen Bruder und seine Großmutter, den Obstgarten hinter dem Haus in Berlin-Blankenburg sowie das sagenumwobene Auto.
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Interview des Verlages Galiani Berlin mit meinem Vater, Dr. Rainer Brauns
Galiani Berlin: Können Sie sich in Martin Schmidt, der Hauptfigur des Romans, wiederfinden?
Rainer Brauns: „Die Unscheinbaren“ erzählt eine Geschichte, die von der gelebten Wirklichkeit unserer Familie stark abweicht.
Charakterlich ist mir Martin Schmidt möglicherweise nicht unähnlich. Aber meine Biografie, auch mein Berufsweg, verliefen völlig anders. Ich bemerke eher eine gewisse, faktische Nähe zu meinem vor zwanzig Jahren verstorbenen Bruder. Er siedelte in den Westen über und wurde Tierarzt.
Manche der im Roman geschilderten Abläufe - insbesondere die Verhaftung und Vernehmung meiner Eltern durch das Ministerium für Staatssicherheit - beruhen auf Tatsachen. So oder ähnlich ist das damals passiert. Den weiteren Verlauf der Handlung aber hat mein Sohn erfunden. Da gibt es nur wenig Bezüge zum realen Geschehen.
Galiani Berlin: Inwiefern haben Sie Ihren Sohn beim Schreiben des Buches unterstützt?
Rainer Brauns: Wir haben intensiv geredet. Zu Beginn seiner Recherche vor etwa drei Jahren, aber auch noch später, während des Schreibens. Nicht selten rief er an und erkundigte sich nach irgendwelchen Details: die Raumaufteilung des Hauses oder Apfelsorten in unserem damaligen Garten. Insbesondere zum Ablauf der Verhaftung meiner Eltern im Februar 1965, aber auch zu den Lebensverhältnissen im Berlin-Blankenburg jener Zeit habe ich ihm Fragen beantworten können. Wir waren auch gemeinsam vor Ort und trafen den Chronisten der Gemeinde.
Erwähnen möchte ich, dass mein Sohn Archivmaterial der Staatssicherheit und des Bundesnachrichtendienstes einsehen konnte. Auch darüber haben wir uns ausgetauscht.
Beim Schreiben aber blieb ich Zaungast und habe erst das fertige Manuskript einsehen können.
Galiani Berlin: Wie war es für Sie, diese Geschichte zu lesen?
Rainer Brauns: Der Roman, obwohl fiktiv, hat mich sehr berührt, da die Verhaftung meiner Eltern - als entscheidendes und tiefgreifendes Ereignis meiner Jugend - den Ausgangspunkt für meinen weiteren Lebensweg bildete.
Beschriebene Personen und Orte sind eng mit meinem damaligen Leben verbunden.
Durch die ausführlichen Gespräche mit meinem Sohn traten die nach über fünfzig Jahren verdrängten negativen Erfahrungen wieder in den Vordergrund, weshalb ich dem Vorhaben anfangs skeptisch gegenüberstand. Mit der schrittweisen Einbindung in die Recherchen wurde diese anfängliche Skepsis jedoch überwunden und ich habe ihn unterstützen können.
Als Zeitzeuge ist meine Sicht auf den Roman sicher eine andere als die eines neutralen Lesers. Die Charaktere des Buches sind mir sehr vertraut. Dadurch entstand beim Lesen ein ungeheurer Sog. Von Neugier angetrieben habe ich das Buch verschlungen.
Porträt meines Vaters, Rainer Brauns, "Spionage: Die Schatten der Vergangenheit" anlässlich des 9. November 2019 auf einland.net
Radio-Gespräch über die Hintergründe des Romans mit Felix Münger im SRF 2 Kultur (Schweizer Radio)
SRF 2 Kultur "52 beste Bücher" | 10.02.2019 (Kurzfassung)






